Auf dieser Karte sieht man sehr gut, wie weit Island von Deutschland entfernt liegt, und auch das Größenverhältnis lässt sich ganz gut ablesen.
Jón Svensson – also „Nonni“ – schreibt dazu in seinem Büchlein „Aus Island. Erlebnisse und Erinnerungen“ im Jahr 1918 folgendes: “Island ist größer, als die meisten glauben. Es ist beinahe so groß wie Bayern, Sachsen und Württemberg zusammengenommen und mehr als doppelt so groß wie die Schweiz. Allerdings steht die Einwohnerzahl in einem ganz anderen Verhältnis. Während die Schweiz, Bayern, Württemberg und Sachsen blühende, volkreiche Städte und Millionen von Einwohnern besitzen, zählt Island im ganzen nur ein wenig mehr als 80.000 Einwohner und seine Hauptstadt Reykjavík nur 12.000 Seelen. Der größte Teil der Insel ist unbewohnbar, da ihr Inneres fast nur aus öden und unfruchtbaren Lava- und Sandfeldern und ungeheuren Gletschern besteht…“
Nonnibuch-Leser wissen, dass Jón Svensson als 12-jähriger Junge seine Heimat verließ, um ein Stipendium in Frankreich anzunehmen. Anhand der hier gezeigten Landkarte wird deutlich, welch ungeheure Strecke er mit dem kleinen Segler „Valdemar von Rönne“ von Nordisland bis nach Kopenhagen zurücklegen musste – und das unter Lebensgefahr! Nachzulesen in „Nonni. Erlebnisse eines jungen Isländers, von ihm selbst erzählt“.
Nach Konversion zum katholischen Glauben, Abitur in Frankreich, Eintritt in den Jesuitenorden, Priesterweihe in England, Lehrtätigkeit in Dänemark wurde er dann 1912 als rheumatischer, 55-jähriger Mann ins Jesuitenkolleg nach Exaten in Holland versetzt, wo seine Laufbahn als Schriftsteller begann. Sein erstes Nonni-Buch auf Deutsch (s.o.) entstand dort im Jahr 1913. Ein Jahr später zog Jón Svensson von Exaten nach Feldkirch im österreichischen Vorarlberg, wo er in der „Stella Matutina“ wohnte – einem Jesuitenkolleg, s. Wikipedia. P. Jón Svensson SJ schrieb darüber: Wie ich den kleinen Zöglingen in der Stella matutina, Oktober 1916, die Exerzitien gab. Sonderdruck aus den Mitteilungen aus der Deutschen Provinz, Nr. 60, Ostern 1917. 13 bls. Roermond.
Von Exaten und Feldkirch aus unternahm Jón Svensson viele Vortrags- und Lesereisen – natürlich auch nach Deutschland, wo er bisweilen mehrere Monate verbrachte. Dabei wohnte er als Jesuit in den Niederlassungen seines Ordens, z. B. in Münster, Köln, Bonn, etc. Im Folgenden habe ich einige Informationen zusammengetragen, die ich z.T. im Jesuitenarchiv in München gefunden habe, wo Kopien der Tagebücher von P. Jón Svensson SJ aufbewahrt werden. Diese belegen, wie unglaublich viele Reisen Nonni unternommen hat, und mir ist schleierhaft, wie er das zu damaliger Zeit – ohne PKW, ohne Last-Minute, ohne günstige Zug- und Flugverbindungen und ohne Internet! – geschafft hat! Die hier erwähnten Orte sind nur eine winzig kleine Auswahl.
So ähnlich sah es vermutlich auch zu Nonni’s Zeiten aus. Ich konnte nur ermitteln, dass Jón Svensson im Jahr 1919 nach Münster zog (für 2 Jahre) und auch in 1923 für einige Monate dort lebte. Aus dieser Zeit besitze ich eine Postkarte, auf der Nonni an einen kleinen Leser folgendes schreibt:
„Einen herzlichen Gruss an meinen kleinen Freund Heini Herborn, der wie ich von seinem Bruder höre, meine Bücher mit Interesse gelesen hat. Dein treu ergebener Jón Svensson (Nonni).“
Die Karte ist am 14.2.1919 gestempelt worden. Sie zeigt das Exerzitien-Haus, Münster i.W., Schillerstr. 46

Allerdings entdeckte ich im Jesuitenarchiv in München einen sehr erschütternden Artikel über unterernährte und z.T. schwindsüchtige Kölner Kinder in einem katholischen Kinderheim in Bad Godesberg. Jón Svensson schrieb den Aufsatz vermutlich im Jahr 1920 – also nach dem Ersten Weltkrieg. Nonni vertrat auf der „Godeshöhe am Rhein“ den Hausgeistlichen, und er erhielt dadurch einen umfassenden Eindruck von der liebevollen Pflege der Schwestern für diese kriegsgeschädigten Kinder. Der Artikel trägt den Titel „Ein Kinderparadies“ und erschien 1921 in „Stimmen der Zeit“ – Katholische Monatschrift für das Geistesleben der Gegenwart, 101. Band. Die Signatur lautet Arch.Prov.Germ.SJ., Abt. 74, Nr. Se 101. – Ein sehr lesenswerter und nachdenklich stimmender Bericht, der vor allem auch historisch interessant ist und aufrüttelt! Wie tröstlich, dass „Nonni“ diesen armen Kindern mit seinen Abenteuergeschichten Freude in ihr hartes Leben bringen konnte…

Inzwischen ist Köln sozusagen eine „Nonni-Stadt“ geworden: er starb 1944 in Köln und wurde dort begraben – auf dem berühmten Melatenfriedhof, und im Stadtteil Ehrenfeld erinnern der Nonnibrunnen, der Nonniweg und die Offene Tür „Nonni“ an diesen großen isländischen Erzähler und Autor der 12 Nonnibücher…So viele „Nonni-Denkmäler“ gibt es nirgendwo auf der Welt (mit Ausnahme vom „Nonnahús“ in Akureyri).
Viele Nonnibuch-Leser wissen sicherlich, dass er hochbetagt und schwer krank nach einer Odyssee durch mehrere kirchliche Krankenhäuser in Aachen und Eschweiler schließlich ins St. Franziskus-Hospital nach Köln verlegt wurde, wo ihm die Schwestern im Keller ein kleines Zimmer einrichteten; dort starb er in der Meinung, sich in der Kajüte eines Dampfers zu befinden, mit dem er seine letzte große Reise antrat. Beigesetzt wurde Jón Svensson in der „Grabstätte der Kölner Jesuiten“ auf dem ehrwürdigen Melatenfriedhof (s. Lageplan). Nonnis Grab liegt auf der senkrechten HWG/NS-Achse, genau auf der Ecke zwischen Flur 19 und 20 (E). Auf der Namenstafel ist eingraviert:
P. Jón Svensson – Nonni
Autor der Nonni-Bücher
*16.11.1857 Island
† 16.10.1944 Köln
Die zweite „Ausstellung“ nennt sich „Melatengeschichten“ und wurde von Dr. Wolfgang Stöcker ganz originell in Szene gesetzt: er bat Friedhofsbesucher um ihre persönlichen Geschichten, die sie mit Melaten verbinden, und „heftete“ diese an acht feuerrote hölzerne Stelen, die er auf dem Friedhof verteilte. In der Alten Trauerhalle ist der „Rundgang“ von einer zur anderen Stele grafisch dargestellt. Eine dieser Stelen steht auch an Nonnis Grab am Hauptweg/NS-Achse und verlockt Vorbeigehende zum Innehalten und Lesen „meiner“ Melaten-, besser gesagt: meiner „Nonni“-Geschichten.
Auch dem Freund und Weggefährten, Hermann Krose, der später an Hand von Nonnis Tagebuchaufzeichnungen eine Biographie von Jón Svensson verfasste, habe ich eine Stele gestiftet, die aufgrund der Signalfarbe deutlich von Nonnis Grabstätte aus zu erkennen ist – trotz einiger Entfernung. So können die beiden Freunde posthum sozusagen Blickkontakt zueinander aufnehmen, nachdem sie sich zu Lebzeiten durch die Kriegswirren aus den Augen verloren hatten, und der in Bonn wohnende Krose nur zwei Tage vor Svenssons Tod diesem schrieb, dass er nun endlich Nonnis Adresse (in Köln!) habe ausfindig machen können. Der Brief ist vermutlich nicht mehr rechtzeitig bei Nonni eingetroffen…
Leider waren die Stelen nur bis Ende Dezember 2010 zu sehen – danach wurden sie wieder entfernt… Schade!
Last, but not least, sei dem „Freundeskreis Melaten“ gedankt dafür, dass Jón Svensson – „Der Herr der Nonni-Bücher“ – anlässlich des Melatenjubiläums in der 6-teiligen Serie der „Bild-Zeitung Köln“ Erwähnung fand, ja, dass sogar in Kürze auch das WDR-Fernsehen über die acht Stelen berichten und dabei auch an Nonnis Grab Station machen wird!
So bewahrheitet sich mein Motto zum 65. Todestag Jón Svenssons am 16.10.2009 erneut: „Tot ist nur, wer vergessen wird – Nonni lebt!“ (veröffentlicht in Heft 02/2010 „ISLAND“, S. 53 f.)
„Über die geheimnisvollen Kräfte aus der Tiefe schreibt auch P. Jón Svensson (Nonni), geb. am 16.11.1857 auf dem Gute Möđruvellir in Nordisland. Jón Svensson ist Normanne, seine Urmutter war die Königin Audr Djupúdga, die Tiefsinnige. Der Dichter ist einer der wahrhaftesten Erzähler der Gegenwart, seine Bücher sind in rund 30 Sprachen übersetzt. In Bad-Nauheim war Jón Svensson sechs Mal zu Kur, immer mit bestem Erfolg (1917, 18, 19, 30, 33 und 34). Er wohnte im Hause Lioba. – Wie der vielgereiste Mann Bad-Nauheim empfand, zeigt der nachstehende Aufsatz:
Meine Eindrücke von Bad-Nauheim.
Wenn ich trotz meiner 78 Jahre noch stets ohne Schwierigkeit imstande bin, wie ein nordischer Sagamann – um nicht zu sagen wie ein Wikinger – von Land zu Land, von Stadt zu Stadt herum zu fahren, um immer wieder Vorträge zu halten, und wenn es mir dabei möglich ist, wie ein Junger zu der Jugend zu sprechen und sie zu den höchsten Idealen des Lebens zu begeistern, so verdanke ich das zum größten Teil meinem Lieblingsbad Nauheim. Gewiß hat mir, dem alten Nordmanne, meine Heimat Island, die Feuerinsel im Nordmeer, eine kräftige Körperverfassung mit auf den Lebensweg gegeben, aber meine Kräfte wären wohl längst verbraucht, wenn mich nicht die herrlichen Heilquellen im Hessischen Land immer wieder zu neuem Tun belebt hätten…Jón Svensson (Nonni)“.
Darüber hinaus teilte mir der Historiker und Nonni-Biograf Gunnar F. Guđmundsson mit, dass Nonni bereits im Jahr 1909, und zwar von Juli bis Oktober in Bad Nauheim zur Kur war, und zur Nachkur in Aachen. Auch in den „Nonnibüchern“ kommt Jón Svensson wiederholt auf die angenehmen Kur-Aufenthalte in Aachen und Bad Nauheim zu sprechen. Der Anlass für die erste Kurbehandlung war eine Gicht- und Rheuma-Erkrankung, die sich der kerngesunde Isländer auf den vielen Radtouren zuzog, die er bei Wind und Wetter zu den umliegenden Dörfern von Kopenhagen unternehmen musste. Da er oft keine Gelegenheit hatte, die durchnässte Kleidung zu wechseln, bevor er einen Gottesdienst oder einen Vortrag zu halten hatte, war die Erkrankung vorprogrammiert; leider konnte sie auch bei den weiteren Kuren nur gelindert, aber nicht geheilt werden. Sie war schließlich der Grund, weshalb die Ärzte Nonnis Vorgesetzten empfahlen, ihn zu versetzen: so wurde Jón Svensson von Dänemark nach Holland geschickt, wo er zum Schriftsteller wurde – mit 55! Vgl. Dietmar Grieser: „Es ist nie zu spät. Ihr zweites Leben. Von Charlie Chaplin bis Karlheinz Böhm“, S. 70: „Von Schmerzen gebeugt“ (wie Nonni zum Schriftsteller wurde). Amalthea 2010.